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02.12.2020

Zwei Stimmen bleiben verschollen

Die Emotionen an der Schulgemeindeversammlung gingen hoch. Viele Sommerer fühlten sich hintergangen.


Stimmenzählerin Gina Kirchmeier hatte an der Schulgemeindeversammlung im Pentorama keine leichte Aufgabe. Bild: Manuel Nagel

Bericht Thurgauerzeitung online 02.12.2020 / Manuel Nagel

«Wünscht jemand im Saal, dass wir nochmals abstimmen und zählen?» Die Frage von Schulpräsident Christoph Kohler kurz vor zehn Uhr am Montagabend blieb unbeantwortet. Niemand der 95 anwesenden von insgesamt 9208 Schulbürgerinnen und Schulbürger der Volksschulgemeinde Amriswil-Hefenhofen-Sommeri (VSG) wollte sich unbeliebt machen und die Gemeindeversammlung im Pentorama noch weiter in die Länge ziehen. So konnte Kohler nach fast zwei Stunden vermelden, dass das Budget 2021 der VSG mit 60 Ja, 27 Nein, sechs Enthaltungen und zwei «nicht mehr auffindbaren Stimmen» angenommen wurde.

Zuvor gab es bereits zwei Durchgänge mit Handaufhalten und einen mit Aufstehen – aber immer lautete die Summe der Ja-, Nein- und sich enthaltenden Stimmen 93. Weil das Ergebnis aber dennoch eindeutig war und der Abend schon viel länger als gedacht wurde, gab es keine Opposition gegen diesen Tolggen im Abstimmungsheft.

Schwierige Kinder könnten schlechten Einfluss haben

Opposition gab es jedoch gegen die Pläne der Schulbehörde, im Rahmen des Projektes Best ein Interventionszentrum in Sommeri zu installieren. Mit «Best» sollen verhaltensauffällige Kinder aus den Regelklassen genommen und während einer bestimmten Zeit sehr eng betreut und beschult werden. Darüber informierte Schulpräsident Kohler auch gleich beim ersten Traktandum nach der Wahl der Stimmenzähler. Doch bevor Kohler weiterfahren konnte, übergaben ihm die vielzählig anwesenden Sommerer Schulbürger eine Petition, mit der sie ihr Missfallen an den Plänen aber auch an der Kommunikation der Behörde darüber ausdrücken wollten.

Schnell wurde klar, dass in Sommeri Befürchtungen bestehen, dass die «schwierigen Kinder» Einfluss auf die eigenen Schulkinder nähmen, weil das geplante Zentrum im Gebäude gegenüber des Schulhauses untergebracht werden sollte.

«Diese Kinder sind nicht per se gefährlich, sie sind in einer schwierigen Situation», sagte Schulbehördemitglied Bernard Gertsch, selber wohnhaft in Sommeri, und versuchte seine Miteinwohner zu beruhigen.

Auch Christoph Kohler versprach, dass man die Kritik an der mangelnden Kommunikation zur Kenntnis genommen habe, die Petition ernst nehmen und nicht über die Köpfe der Sommerer hinweg entscheiden werde. Doch die Skepsis blieb. «Es ist der letzte Moment, um uns zu wehren», sagte ein Sommerer. Nachher sei der «namhafte Betrag von 400000 Franken» im Budget 2021 drin.

Eine Frau wandte zudem ein, dass ihr Dorf der falsche Standort sei, weil diese schwierigen Kinder vor allem aus Amriswil und nicht aus Hefenhofen oder Sommeri kommen dürften.

Mehr Transparenz von der Schule gefordert

Das veranlasste Schulpräsident Kohler in der aufgeheizten Stimmung zu einem ebenso emotionalen Plädoyer, dass es ihm egal sei, woher diese Kinder kämen: «Wir sind eine Schulgemeinde.» Dafür gab es spontanen Applaus einiger Anwesender.

So wurde nach langem Hin und Her über einen spontan eingereichten Antrag abgestimmt, den Betrag für das Projekt Best aus dem Budget zu streichen, wobei die Petitionäre betonten, es gehe nur um das Zentrum in Sommeri, nicht um das Projekt Best an sich. Mit 33 Ja, 56 Nein sowie vier Enthaltungen wurde der Antrag jedoch abgelehnt. Christoph Kohler wandte sich anschliessend an die Unterlegenen: «Ich bekräftige nochmals mit Nachdruck, dass wir auf Sie zukommen und Ihre Sorgen ernst nehmen.»

Das letzte Wort des Abends hatten zwei Sommerer. Er habe es nicht gut gefunden, dass die einzelnen politischen Gemeinden gegeneinander ausgespielt wurden, sagte ein Schulbürger. Und zum Schluss bat Gemeindepräsidentin Priska Rechsteiner um Verständnis für die Petitionäre. Mit mehr Transparenz seitens Schule wäre es nicht zu dieser Diskussion gekommen.